Bundesverwaltungsgericht: Grundlegende Entscheidung zur Reaktivierung
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 15.11.2022 (2 C 4.21) einige grundlegende Fragen geklärt:
- Der Antrag eines Ruhestandsbeamten auf erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nach § 29 Abs. 1 BeamtStG muss entgegen der Auffassung einiger Gerichte nicht schriftlich gestellt werden.
- Der Dienstherr darf mit der Reaktivierung nicht solange warten, bis er einen passenden Dienstposten gefunden hat. Nach einem Antrag und der amtsärztlichen Untersuchung hat die zuständige Behörde nur festzustellen, ob (und ggf. in welchem Umfang) die Dienstfähigkeit des Ruhestandsbeamten wiederhergestellt ist. Ist dies der Fall, stellt sich die Frage, ob seiner erneuten Berufung in das aktive Beamtenverhältnis zwingende dienstliche Gründe i. S. v. § 29 Abs. 1 BeamtStG entgegenstehen. Die (statusrechtliche) Frage der erneuten Berufung in das aktive Beamtenverhältnis ist von der Zuweisung eines amtsangemessenen Dienstpostens entkoppelt.
- Der Antrag ist (wie stets) mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten und, sobald ihre Prüfung abgeschlossen ist, ungesäumt zu bescheiden. Was dies konkret bedeutet, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Dreimonatsfrist nach § 75 Satz 2 VwGO für die Erhebung einer Untätigkeitsklage kann dabei nicht als Anhaltspunkt dienen.
- Der Beamte ist nicht gezwungen, gerichtlichen Eilrechtsschutz zu erwirken, wenn der Dienstherr nicht zeitnah handelt, denn derartige Maßnahmen sind weder effektiv noch zumutbar. In Betracht kommt allerdings ggf. eine Untätigkeitsklage.
- Allerdings gilt dies nicht für „Altfälle“, sondern nur für die Zukunft. Das Bundesverwaltungsgericht hat den vom Beamten geltend gemachten Schadensersatzanspruch mit folgender Begründung abgelehnt: „Im Zeitpunkt der Bearbeitung des vorliegenden Antrags war die Rechtslage im Hinblick auf die im Rahmen eines Reaktivierungsantrags nach § 29 Abs. 1 BeamtStG anzustellenden Prüfschritte und die hierfür angemessene Bearbeitungsdauer indes noch nicht geklärt.… Die Praxis des Beklagten, zunächst einen geeigneten Dienstposten zu suchen und die Reaktivierung erst zeitgleich mit der Zuweisung des neuen Aufgabengebiets ins Werk zu setzen – und die sich hieraus ergebende Verzögerung –, konnte im Zeitpunkt der Antragsbearbeitung daher auch bei gewissenhafter Prüfung vertreten werden, sodass den Beklagten ein Fahrlässigkeitsvorwurf nicht trifft.“
Martin Brilla
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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