Eine sehr einschneidende, aber leider nicht seltene Maßnahme ist die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit, auch vorzeitige Zurruhesetzung oder Zwangspensionierung genannt. Sie kommt in Betracht, wenn der Beamte dienstunfähig, also wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Dabei kann auch als dienstunfähig angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.

Für Bundesbeamte gelten die Vorschriften des Bundesbeamtengesetzes (BBG):

§ 44 BBG Dienstunfähigkeit

§ 45 BBG Begrenzte Dienstfähigkeit

§ 47 BBG Verfahren bei Dienstunfähigkeit

§ 48 BBG Ärztliche Untersuchung

§ 49 BBG Ruhestand beim Beamtenverhältnis auf Probe wegen Dienstunfähigkeit

Für Landes- und Kommunalbeamte gelten die Vorschriften des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) sowie der Landesbeamtengesetze (in Nordrhein-Westfalen das LBG NRW):

§ 26 BeamtStG Dienstunfähigkeit

§ 27 BeamtStG Begrenzte Dienstfähigkeit

§ 28 BeamtStG Ruhestand bei Beamtenverhältnis auf Probe

für Nordrhein-Westfalen:

§ 33 LBG NRW Dienstunfähigkeit, Antragsruhestand

§ 34 LBG Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 36 LBG NRW Zuständigkeit, Beginn des Ruhestands

Amtsärztliche Untersuchung

In einem solchen Fall veranlasst der Dienstherr zumeist eine amtsärztliche Untersuchung, um Gewissheit über den Gesundheitszustand des Beamten zu erlangen.

Wichtig: Da eine amtsärztliche Untersuchung wegen der mit ihr verbundenen Eingriffe in die grundrechtsbewehrte persönliche Sphäre des Beamten eingreift, muss sie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmten formellen und inhaltlichen Anforderungen genügen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.04.2014 – 2 B 80.13).

Hierzu gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Entscheidungen, die die bislang sehr laxe Praxis der Dienstherren begrenzen. Andererseits ist zu beachten, dass die Rechtsprechung dem Beamten zwar Handlungsoptionen bietet, die jedoch zugleich erhebliche Risiken mit sich bringen. Lassen Sie sich deshalb unbedingt beraten, sobald eine Untersuchung angeordnet wurde.

Siehe auch Rechtswidrige Untersuchungsaufforderung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit

Einwendungen gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung

Stellt sich die Dienstunfähigkeit heraus, teilt er dem Beamten unter Angabe von Gründen mit, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt ist. Innerhalb eines Monats kann der Beamte gegen die beabsichtigte Maßnahme Einwendungen erheben (§ 47 BBG bzw. § 34 LBG).

Mein Tipp: Diese Möglichkeit sollte genutzt werden, denn mitunter kann schon so die beabsichtigte Zurruhesetzung verhindert werden.

Weiterverwendung möglich?

Eine Zurruhesetzung kommt nicht in Betracht, wenn eine anderweitige Verwendung des Beamten möglich ist oder begrenzte Dienstfähigkeit vorliegt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat betont, dass ein dienstunfähiger Beamter nur dann aus aktiven Dienst ausscheiden soll, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann. Es gilt insofern der Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ (BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 – 2 C 46.08).

Mein Tipp: Wenden Sie sich möglichst früh an einen auf das Beamtenrecht spezialisierten und auf diesem Gebiet erfahrenen Rechtsanwalt, am besten einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Je früher ich Ihren Fall kenne, desto effektiver kann ich versuchen, die Zurruhesetzung bereits im Verwaltungsverfahren zu verhindern oder hinauszuzögern.

Ihre Rechtsschutzversicherung wird im Regelfall spätestens dann eine Deckungszusage erteilen, wenn Sie die Mitteilung erhalten haben, dass Ihre Zurruhesetzung beabsichtigt ist, möglicherweise aber auch schon früher.

Die Zurruhesetzung

Der Ruhestand beginnt mit dem Ende des Monats, in dem die schriftliche Verfügung dem Beamten zugestellt wurde. Ab diesem Zeitpunkt erhält der Beamte Besoldung nur noch in Höhe des Ruhegehalts, und zwar auch dann, wenn er gegen die Zurruhesetzung vorgeht. Nur wenn die Zurruhesetzungsverfügung aufgehoben wird, erhält er den einbehaltenen Teil nachträglich gezahlt.

Mögliche Fehlerquellen

In diesem Bereich gibt es, wie die Erfahrung zeigt, vielfältige Fehlerquellen: unzureichende amtsärztliche Gutachten, unterlassene oder fehlerhafte Suche bezüglich einer weiteren Verwendung, Unterschreitung der Einwendungsfrist, unterlassene oder fehlerhafte Beteiligung des Personalrats… Wegen der erheblichen Konsequenzen (auch finanzieller Natur) ist eine Überprüfung durch einen auf diesem Gebiet erfahrenen Anwalt sehr ratsam.

Rechtsschutz

Dies sollte man schon vor der Zurruhesetzung selbst veranlassen, und zwar spätestens dann, wenn einem Gelegenheit gegeben wurde, innerhalb eines Monats gegen die beabsichtigte Maßnahme Einwendungen zu erheben. Diese Möglichkeit sollte genutzt werden, denn mitunter kann schon so die beabsichtigte Zurruhesetzung verhindert werden.

Nach erfolgter Zurruhesetzung kann gegen die Maßnahme Widerspruch bzw. (bei abgeschafftem Widerspruchsverfahren) Klage erhoben werden. Die Klage hat aufschiebende Wirkung, allerdings nicht bezüglich des Einbehalts der Bezüge, die über das Ruhegehalt hinausgehen.

Wird die Zurruhesetzungsverfügung durch das Gericht aufgehoben, wird der einbehaltene Teil nachträglich gezahlt, was angesichts der gewöhnlichen Verfahrensdauer eine beträchtliche Summe sein kann. Mitunter bietet sich in dieser Situation eine einvernehmliche Zurruhesetzung zu einem vereinbarten Zeitpunkt an: Der Dienstherr erspart sich durch den Vergleich die Kosten für ein weiteres Zurruhesetzungsverfahren, zumal unsicher ist, ob es das gewünschte Ergebnis trägt. Und der Beamte erhält bis zum vereinbarten Zeitpunkt noch die vollen Bezüge; auch wenn es den Anschein hat, ist es keine Abfindung!

Rechtsschutzversicherung

Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, die Arbeits- oder Dienstrecht umfasst, ist das Zurruhesetzungsverfahren abgedeckt. Das ist wichtig, denn derartige Verfahren sind kostenintensiv: Die Gerichts- und Anwaltskosten sind wegen des Streitwerts hoch, und falls im gerichtlichen Verfahren ein Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, kommen leicht weitere vierstellige Beträge hinzu.

Gerade im Bereich der vorzeitigen Zurruhesetzung habe ich langjährige Erfahrungen, und zwar sowohl bei der Durchsetzung der Zurruhesetzung auf Wunsch des Beamten als auch bei deren Abwehr, wenn der Beamte dies nicht wünschte:

 

Siehe auch Reaktivierung / Erneute Berufung in das Beamtenverhältnis

 

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