Beurteilungen können nicht im Wesentlichen gleich sein, wenn die Gesamtnoten der Beurteilungen um eine volle Notenstufe auseinanderfallen
Es wird häufig übersehen, dass dem Dienstherrn bei einer Auswahlentscheidung hinsichtlich der Frage, ob verschiedene Bewerber nach den vorliegenden dienstlichen Beurteilungen als im Wesentlichen gleich beurteilt angesehen werden, ein Wertungsspielraum eröffnet ist. Dem Dienstherrn steht bei der inhaltlichen Würdigung und dem Vergleich dienstlicher Beurteilungen sowie weiterer rechtsfehlerfrei mit berücksichtigter Erkenntnisgrundlagen ein Entscheidungsspielraum zu, der der gerichtlichen Kontrolle entzogenen ist. Da die miteinander zu vergleichenden Beurteilungen auf unterschiedlichen Beurteilungssystemen beruhen, von unterschiedlichen Beurteilern verfasst worden sein oder ihren Bezugspunkt in unterschiedlichen Statusämtern haben können, ist eine absolut eindeutige Erfassung und Bewertung im Sinne nur eines richtigen Ergebnisses des Qualifikationsvergleichs ist daher im Allgemeinen nicht möglich.
Der Spielraum des Dienstherrn ist allerdings im Regelfall überschritten, wenn die Gesamtnoten der dienstlichen Beurteilungen unter denselben Beurteilungsrichtlinien und demnach unter Anlegung derselben Maßstäbe und im gleichen Statusamt erstellt wurden, und um eine volle Notenstufe auseinanderfallen. Das gilt insbesondere dann, wenn nur wenige (z.B. fünf) Notenstufen vorgesehen sind.
Keine Regel ohne Ausnahme:
Besonderheiten des Einzelfalls können insoweit allerdings eine abweichende Bewertung rechtfertigen. So kann ein schlechteres Gesamturteil unter Umständen durch erheblich bessere Leistungsmerkmale ausgeglichen werden, denen im Hinblick auf spezifische Anforderungen des zu besetzenden Dienstpostens maßgebende Bedeutung zukommt.
Mehr zum Thema können Sie in meinem Artikel „Die Rechtsprechung zur dienstlichen Beurteilung im Beamtenrecht“ im BÖR Report Nr. 4, S. 16 ff. lesen.
Martin Brilla
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht