Konkurrentenstreit bei der Polizei – der „Komödie“ 2. Akt
In einer Konkurrentenstreitigkeit wegen (damals) fünf Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 10, über die ich bereits berichtet hatte, hatte mein Mandant eine weitere Beförderungsmitteilung erhalten. Daraufhin hatte er in eigener Regie versucht, dies durch einen Eilantrag beim VG Aachen zu verhindern, was jedoch abgelehnt worden war (VG Aachen, Beschluss vom 26.10.2017 – 1 L 1668/17).
Die durch mich eingelegte Beschwerde war erfolgreich; das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beschloss am 1.2.2018 (6 B 1355/17):
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, diejenige von fünf dem Landrat des Kreises E. als Kreispolizeibehörde zum 1. Dezember 2016 zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 10 zu besetzen, für die der Beigeladene ausgewählt worden ist, bevor über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Die Leitsätze des Gerichts lauten:
1. Erfolgreiche Beschwerde eines Polizeikommissars in einem Konkurrentenstreitverfahren.
2. Der Ersteller einer dienstlichen Beurteilung muss Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbeziehen und Abweichungen nachvollziehbar begründen.
3. Das Votum der Behördenleitung nach Nr. 3.5 Abs. 7 Satz 1 BRL Pol NRW, wonach bei einem Beurteilungsbeitrag eine Abweichung vom voraussichtlich in der Vergleichsgruppe anzulegenden Maßstab offensichtlich ist, entbindet nicht notwendig von der Verpflichtung zur nachvollziehbaren Begründung von Abweichungen vom Beurteilungsbeitrag.
4. Die Einstellung einer Konkurrentenmitteilung ins Intranet ist nicht ausreichend, wenn einer der unterlegenen Bewerber im für die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Beförderung des Mitbewerbers eröffneten Zeitraum dienstunfähig erkrankt ist.
Aus den Gründen:
„Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.
Die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe verlangen die Abänderung des angefochtenen Beschlusses in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang.
1. Der Antrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren,
dem Antragsgegner unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die ihm mit Erlassen des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 21. März 2016, 16. Juni 2016, 20. Juli 2016, 16. Juni 2017 sowie vom 19. September 2017 zugewiesenen 17 Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 10 mit den zur Beförderung ausgewählten Mitbewerbern zu besetzen, bevor über die Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu entschieden worden ist,
ist in Bezug auf 16 Beförderungsplanstellen unzulässig, weil er insoweit über das erstinstanzliche Begehren hinausgeht. Dabei kann offen bleiben, ob die entsprechende Anwendung des sonst auch im Beschwerdeverfahren heranzuziehenden § 91 VwGO, der die Zulässigkeit einer Klage- bzw. Antragsänderung – hier sogar einer Antragserweiterung – auf Fälle der Einwilligung der Beteiligten oder der Sachdienlichkeit beschränkt (vgl. Abs. 1), im Eilverfahren in Betracht kommt. Dies wird teilweise mit der Erwägung verneint, § 146 Abs. 4 VwGO lasse sich entnehmen, dass das Beschwerdeverfahren in Eilsachen möglichst zügig und insbesondere eingegrenzt auf die Gründe durchgeführt werden soll, die in Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts und dem erstinstanzlichen Streitgegenstand von dem Beschwerdeführer geltend gemacht werden können.
Vgl. etwa Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 23. Auflage 2017, § 146, Rn. 33.
Denn auch in Anwendung des § 91 Abs. 1 VwGO bliebe der Antrag unzulässig. Eine Ausnahme, d.h. eine Sachdienlichkeit der Antragsänderung, ist nämlich nur dann in Betracht zu ziehen, wenn diese geeignet wäre, den – unveränderten – Streitstoff zwischen den Beteiligten auszuräumen, und den Rechtsstreit nicht auf eine neue Grundlage stellen würde.
Vgl. OVG NRW Beschlüsse vom 1. Juni 2017 – 6 B 455/17 -, juris, Rn. 23 ff., vom 17. Januar 2011 – 7 B 1506/10 -, juris, Rn. 7 ff., vom 27. Juli 2009 – 8 B 933/09 -, juris, Rn. 7 ff., vom 17. Juni 2009 – 6 B 635/09 -, juris, Rn. 9 ff.
Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr folgt ein neuer Streitstoff daraus, dass es mit Blick auf die übrigen 16 Mitbewerber einer erweiterten Überprüfung bedürfte, nämlich der Konkurrenzsituation des Antragstellers zu diesen Bewerbern.
Die erweiterte Antragstellung erfolgt auch erstmals im Beschwerdeverfahren. Mit der Beschwerdebegründungsschrift vom 27. November 2017 begehrt der Antragsteller erstmalig die Freihaltung der insgesamt 17 dem Landrat des Kreises E. als Kreispolizeibehörde in den Jahren 2016 und 2017 zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 10 (zum 1. April 2016: 1 Stelle, 1. Mai 2016: 1 Stelle, 1. Juli 2016: 1 Stelle, 1. August 2016: 1 Stelle, 1. August 2016: weitere 2 Stellen, 1. Dezember 2016: 5 Stellen, 1. Juli 2017: 2 Stellen, 1. August 2017: 1 Stelle, 1. September 2017: 2 Stellen, 1. Oktober 2017: 1 Stelle).
Eine unvorsichtige Formulierung kann zu rechtlichen Nachteilen führen
Der erstinstanzliche Antrag des Antragstellers war nämlich lediglich darauf gerichtet, diejenige von fünf dem Landrat des Kreises E. als Kreispolizeibehörde zum 1. Dezember 2016 zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A 10 freizuhalten, für die der Beigeladene ausgewählt worden war. Ebenfalls nicht Antragsgegenstand war – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – die (gleichfalls zum 1. Dezember 2016 zugewiesene und) zur Besetzung mit der vormaligen Beigeladenen, der PK‘in X. , vorgesehene Stelle.
Dieser, auf die Freihaltung der (ursprünglich) zur Besetzung mit der vormaligen Beigeladenen vorgesehenen Stelle gerichtete Antrag entspricht dem erstinstanzlich geltend gemachten Rechtsschutzbegehren im Sinne des § 88 VwGO, der über § 122 Abs. 1 VwGO entsprechend anwendbar ist. Danach darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Es hat vielmehr das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln. Maßgebend für den Umfang des Begehrens ist das aus dem gesamten Parteivorbringen, insbesondere der Klage- bzw. Antragsbegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel. Wesentlich ist der geäußerte Parteiwille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück. Ist der Rechtschutzsuchende bei der Fassung des Antrags anwaltlich vertreten worden, kommt der Antragsformulierung allerdings eine gesteigerte Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlich Gewollten zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Begründung oder sonstige Umstände eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Rechtsschutzziel von der Antragsfassung abweicht.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2012 – 9 B 7.12 -, DÖD 2012, 190 = juris, Rn. 5 f. m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 2015 – 2 BvR 1493/11 -, NVwZ 2016, 238 = juris, Rn. 37.
Der erstinstanzlich anwaltlich nicht vertretene Antragsteller hatte zwar in seiner Antragsschrift vom 16. Oktober 2017 zunächst – in der Mehrzahl – formuliert, er beantrage, „die beabsichtigten Beförderungen nach der Besoldungsgruppe A 10 (…) zu stoppen“. Zur Begründung hat er aber – neben Fehlern im Zusammenhang mit seiner eigenen dienstlichen Beurteilung – lediglich auf Mängel verwiesen, die seiner Auffassung nach mit einer Beförderung der „Beklagten“ (gemeint ist die vormalige Beigeladene, PK‘in X. ) verbunden seien. Auf den Hinweis des Verwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2017, es verstehe den Antrag so, dass die Beförderung der PK‘in X. (der Beigeladenen des Eilverfahrens 1 L 308/17) untersagt werden solle, hat der Antragsteller mit Schreiben vom 26. Oktober 2017 ausdrücklich widersprochen und sein Begehren vielmehr dahingehend präzisiert, „die Beförderung des Beamten oder der Beamtin zu untersagen, die für die streitgegenständliche Stelle vom 28. Februar 2017 aktuell zur Beförderung vorgesehen ist“. Zu diesem Datum sollte ursprünglich PK‘in X. auf die letzte der fünf zum 1. Dezember 2016 zugewiesenen Stellen befördert werden, die nunmehr der Beigeladene erhalten soll. Dass das erstinstanzliche Begehren damit (nur) auf diese eine, zur Besetzung mit dem Beigeladenen vorgesehene Stelle gerichtet war, entspricht auch dem dem Eilantrag beigefügten Schreiben vom 16. Oktober 2017. Darin hat der Antragsteller den Antragsgegner ebenfalls um Mitteilung gebeten, wer nun auf die in dem Verfahren 1 L 308/17 bzw. 6 B 563/17 streitgegenständliche Beförderungsplanstelle (damals X. ) befördert werden solle und zu welchem Termin diese Beförderung beabsichtigt sei.
Durchgreifende Bedenken dagegen, dass dies tatsächlich – wie vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2017 angegeben – der jetzige Beigeladene ist, bestehen nicht und werden vom Antragsteller auch nicht substantiiert geltend gemacht. Der Beigeladene steht nach der Aufstellung des Antragsgegners an elfter Stelle der Beförderungsrangliste, was bei einer an der Qualifikation der Bewerber (Rangliste) und dem Zuweisungsdatum der Stellen orientierten Vergabe der fünften zum 1. Dezember 2016 zugewiesenen Stelle entspricht.
2. Für den nach Vorstehendem allein zulässigen Antrag, gerichtet auf die vorläufige Freihaltung der zur Besetzung mit dem Beigeladenen vorgesehenen Beförderungsstelle, hat der Antragsteller das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen sowohl eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Der Anordnungsanspruch ist gegeben. Der Antragsteller kann beanspruchen, dass die Besetzung der streitgegenständlichen Beförderungsstelle (A 10) vorerst unterbleibt, weil die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zu Gunsten des Beigeladenen rechtswidrig ist und seinen sich aus Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW ergebenden Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletzt (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Die Auswahlentscheidung beruht auf einem rechtlich zu beanstandenden Qualifikationsvergleich, weil die ihm zugrunde liegende dienstliche Beurteilung des Antragstellers auf rechtliche Bedenken trifft.
Beurteilung nicht plausibel
Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 6. September 2017 leidet an einem Plausibilitätsdefizit. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der von PHK S. erstellte Beurteilungsbeitrag vom 30. März 2017 in der gebotenen Weise in dem Erstbeurteilervorschlag des EPHK F. vom 29. Juni 2917 und auch in der Endbeurteilung des Landrats T. vom 6. September 2017 Berücksichtigung gefunden hat. Die Beschwerde rügt insoweit zu Recht, es fehle an einer tragfähigen, nachvollziehbaren Erklärung, warum der Antragsteller in der Regelbeurteilung durchgehend um einen Punkt schlechter beurteilt worden sei als in dem Beurteilungsbeitrag, der mit zwei Jahren und fünf Monaten den überwiegenden Teil des Beurteilungszeitraums von zwei Jahren und elf Monaten (richtig: drei Jahre) abdecke. Diesen Einwand hat der Antragsgegner auch im Beschwerdeverfahren nicht entkräftet.
In seinem Beurteilungsbeitrag vom 30. März 2017 hat PHK S. alle sieben Leistungs- und Befähigungsmerkmale durchgängig mit vier Punkten bewertet; das Merkmal Mitarbeiterführung ist ohne Bewertung geblieben. Dieser Einschätzung ist der Erstbeurteiler nicht gefolgt, sondern hat sämtliche Leistungs- und Befähigungsmerkmale lediglich mit „entspricht voll den Anforderungen“, also drei Punkten (vgl. Nr. 6.2 BRL Pol NRW) beurteilt; das Gesamtergebnis lautet dementsprechend ebenfalls „Die Leistung und Befähigung … entsprechen voll den Anforderungen“ (drei Punkte).
Nach Nr. 9.1 Abs. 2 Satz 3 BRL Pol NRW hat der Erstbeurteiler vorliegende Beurteilungsbeiträge zu berücksichtigen, d.h. sie müssen von dem Beurteiler bei der Ausübung seines Beurteilungsspielraums zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Sie sind ebenso wie eigene Beobachtungen des Beurteilers unverzichtbare Grundlage der Beurteilung. Einen erheblichen Teil des Beurteilungszeitraums erfassende Beurteilungsbeiträge müssen grundsätzlich mit einem dem entsprechenden Gewicht in die Beurteilung einfließen. Dies schließt es nicht aus, dass der Beurteiler sich weitere Erkenntnisse über den Beurteilten für den Zeitraum verschafft, der durch den Beurteilungsbeitrag erfasst wird, dass er die tatsächliche Entwicklung – insbesondere bestimmte Vorkommnisse – außerhalb dieses Zeitraums besonders gewichtet oder dass er zu einer abweichenden Bewertung gelangt. Insoweit ist der Beurteiler an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung „fortschreibend“ übernehmen müsste, sondern er kann zu abweichenden Erkenntnissen gelangen. Das gilt auch dann, wenn der Beurteilungsbeitrag – wie hier – einen großen Teil des Beurteilungszeitraums abdeckt. Denn im System der Regelbeurteilung können sich Bewertungsunterschiede zwischen einem Beurteilungsbeitrag und der Beurteilung selbst etwa daraus ergeben, dass der Beurteilungsbeitrag außerhalb eines die gesamte Vergleichsgruppe erfassenden Beurteilungsverfahrens erstellt wird und somit – im Gegensatz zu der Beurteilung – nicht auf einem Quervergleich mit den übrigen zur Organisationseinheit gehörenden Beamten desselben Statusamtes beruht.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Januar 2014 – 1 WNB 4.13 -, juris, Rn. 8, mit weiteren Nachweisen; OVG NRW, Beschlüsse vom 19. September 2016 – 6 A 2388/14 -, juris, Rn 6 ff., und vom 17. Februar 2015 – 6 A 180/14 -, juris, Rn. 8 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen.
Es ist jedoch nicht in das Ermessen des Beurteilers gestellt, ob und wie er einen Beurteilungsbeitrag berücksichtigt. Erst auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch den Beurteilungsbeitrag vermittelten Erkenntnisse einzubeziehen hat, trifft der Beurteiler seine Bewertungen in eigener Verantwortung. Er übt seinen Beurteilungsspielraum nur dann rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet. Diese Anforderungen stellen sicher, dass Werturteile auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruhen und sich an den von Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Kriterien orientieren.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – 2 A 10.13 -, BVerwGE 150, 359 = juris, Rn. 24, mit weiteren Nachweisen; OVG NRW, Beschluss vom 27. August 2015 – 6 B 649/15 -, NVwZ 2016, 332 = juris, Rn. 10.
Diesen Anforderungen ist im vorliegenden Fall nicht genügt. Eine plausible Begründung für seinen durchgängig um einen Punkt vom Beurteilungsbeitrag abweichenden Beurteilungsvorschlag hat der Erstbeurteiler nicht benannt.
Aus der abweichenden Stellungnahme des Direktionsleiters V, POR I. , vom 12. April 2017, die offenbar auf der Grundlage des Votums des vom Behördenleiter beauftragten LPD N. angefertigt worden ist, folgt nichts anderes. Nach Nr. 3.5 Abs. 7 Satz 1 BRL Pol NRW muss die Behördenleitung, der der Beurteilungsbeitrag auf dem Dienstweg vorzulegen ist, hierzu ein Votum abgeben, wenn eine Abweichung vom voraussichtlich in der Vergleichsgruppe anzulegenden Maßstab schon zu diesem Zeitpunkt offensichtlich ist. Die Einschätzung, dass eine solche offensichtliche Maßstabsabweichung vorliegt, ist allerdings erforderlichenfalls im Streitfall plausibel zu machen; das Votum nach Nr. 3.5 Abs. 7 Satz 1 BRL Pol NRW entbindet nicht notwendig von der Verpflichtung zur nachvollziehbaren Begründung von Abweichungen vom Beurteilungsbeitrag. Daran fehlt es jedoch. In dem als Anlage zur Beurteilung genommenen Votum des LPD N. merkt dieser an, dass die Bewertung durch den Erstbeurteiler (gemeint: Ersteller des Beurteilungsbeitrags bzw. vormaliger Erstbeurteiler) nicht im Einklang mit dem Maßstab der Beamtinnen und Beamten der entsprechenden Vergleichsgruppe stehe. In der abweichenden Stellungnahme des POR I. ergänzt dieser, dass „bei der Fertigung des Beurteilungsbeitrags durch den damaligen Leiter des VK und unmittelbaren Vorgesetzten, PHK S. , … deutliche Zeichen der eigenen Frustration mit seiner letzten Beurteilung und dem Entzug der Leiterfunktion erkennbar“ seien. Die gegenüber dem Beurteilungsbeitrag schlechtere Beurteilung wird damit indessen nicht plausibel. Ohne die Darlegung näherer Anhaltspunkte wird nicht ansatzweise erkennbar, weshalb der durch PHK S. angefertigte Beurteilungsbeitrag aufgrund „eigener Frustration“ vom anzulegenden Maßstab abweichen und dann insbesondere zu gut ausgefallen sein sollte. Nachvollziehbar erläutert ist bereits nicht der Umstand der „Frustration“ des Beitragsverfassers, noch weniger aber, dass PHK S. aus dieser Motivation der Frustration heraus den – nicht eben naheliegenden – Entschluss gefasst haben soll, den Antragsteller maßstabswidrig zu günstig zu beurteilen. Aus dem Beurteilungsbeitrag selbst ergibt sich für dergleichen keinerlei Anhalt. Hinweise auf etwaige entsprechende Äußerungen des PHK S. sind nicht ersichtlich und insbesondere nicht vom Antragsgegner benannt. Der Antragsgegner hat auch nicht – was sich aufgedrängt hätte – andere Fälle angegeben, in denen von von PHK S. verfassten dienstlichen Beurteilungen oder Beurteilungsbeiträgen abzuweichen war. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Behördenleitung bzw. LPD N. oder POR I. für ihre Einschätzung einer zu milden Beurteilung des Antragstellers durch PHK S. auf sonstige greifbare Anhaltspunkte, insbesondere auf eigene tatsächliche Erkenntnisse oder auch solche anderer personen- und sachkundiger Bediensteter über das Leistungsbild des Antragstellers zurückgegriffen hätten. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb LPD N. und POR I. die Bewertung durch PHK S. bezüglich des Merkmals „Soziale Kompetenz“ für um zwei Punkte zu gut gehalten haben (zwei statt vier Punkte), die der übrigen sechs Merkmale dagegen nur für um einen Punkt (drei statt vier Punkte), und aufgrund welcher Zusammenhänge der Erstbeurteiler EPHK F. dem letztlich aber nicht gefolgt ist (durchgehend drei Punkte).
Der danach festgestellte Fehler ist auch potentiell kausal für das Auswahlergebnis. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller im Fall einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlverfahrens ausgewählt würde. Dieser ist ebenso wie der Beigeladene in seiner dienstlichen Beurteilung zum Stichtag 1. Juni 2017 im Beurteilungsbeitrag vom 30. März 2017 in allen Leistungsmerkmalen und im Gesamtergebnis mit vier Punkten beurteilt worden.
Nach alldem bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob die Beschwerde mit ihrem Vorbringen durchdringen kann, die Auswahlentscheidung bzw. die Beurteilung des Antragstellers sei noch mit weiteren Fehlern behaftet. Festzuhalten ist allerdings, dass es im Streitfall auch an einer Konkurrentenmitteilung gegenüber dem Antragsteller fehlt. Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art 19 Abs. 4 GG verpflichtet den Dienstherrn, allen unterlegenen Bewerbern rechtzeitig vor der Ernennung des Mitbewerbers den Ausgang des Auswahlverfahrens mitzuteilen.
Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 – 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178 = juris, Rn. 17 f.; OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 2016 – 6 B 678/16 -, juris, Rn. 7.
Eine Einstellung der Konkurrentenmitteilung ins Intranet ist nicht ausreichend, wenn einer der Bewerber krank ist
Es kann auf sich beruhen, unter welchen Voraussetzungen hierfür – wie der Antragsgegner ohne jegliche Erläuterung behauptet – die Einstellung der Konkurrentenmitteilung ins Intranet ausreichend ist. Denn dies kann jedenfalls dann nicht genügen, wenn einer der Bewerber – wie hier der Antragsteller – im für die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Beförderung des Mitbewerbers eröffneten Zeitraum dienstunfähig erkrankt ist. In diesem Fall hat der unterlegene Bewerber schon nicht die Möglichkeit, die Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen, so dass diese ihren Informationszweck nicht erfüllen kann. Dies hat offenbar auch der Antragsgegner erkannt und deshalb die Dienststellenleiter am Ende der Mitteilung gebeten, abwesende Beamte über die Auswahlentscheidung in Kenntnis zu setzen. Der Antragsteller hat unwidersprochen vorgetragen, dass dies ihm gegenüber nicht geschehen ist.
Der Antragsteller hat auch die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht. Die mit der Besetzung der streitgegenständlichen Beförderungsstelle einhergehende Ernennung des Beigeladenen wäre im Falle eines Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht wieder rückgängig zu machen.“