Für die Annahme einer Dienstunfähigkeit ist es unerheblich, auf welche Ursachen die gesundheitliche Beeinträchtigung des Beamten zurückzuführen ist
Mit Beschluss vom 16.04.2020 (Az. 2 B 5.19) hat das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass es für die Annahme einer Dienstunfähigkeit i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG unerheblich ist, auf welche Ursachen die gesundheitliche Beeinträchtigung des Beamten zurückzuführen ist:
Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Der uneingeschränkt gerichtlich überprüfbare Begriff der Dienstunfähigkeit im Sinne dieser Vorschrift (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 12.11 – BVerwGE 147, 244 Rn. 24) setzt voraus, dass das dauernde Unvermögen des Beamten, seine Dienstleistungspflicht zu erfüllen, auf einer gesundheitlichen Beeinträchtigung beruht.
Unerheblich ist, auf welche Ursachen die gesundheitliche Beeinträchtigung des Beamten zurückzuführen ist. Für dieses Verständnis spricht nicht nur der eindeutige Wortlaut der Norm, sondern auch der von ihr verfolgte Sinn und Zweck. Die in § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG verwendete Formulierung „wegen“ macht gerade deutlich, dass es für die Feststellung der Dienstunfähigkeit allein auf den kausalen Zusammenhang zwischen der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Beamten als Ursache und der dauernden Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstleistungspflicht als Wirkung ankommt. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 26 BeamtStG und den nachfolgenden Regelungen über die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit. Sie treffen einen eigenständigen, spezifisch beamtenrechtlichen Ausgleich der gegensätzlichen Interessen des Dienstherrn und der Allgemeinheit sowie des Beamten. Interesse des betroffenen Beamten ist einerseits sein Verbleib im aktiven Dienst aus persönlichen und finanziellen Gründen, andererseits aber auch die Beachtung der Grenzen seiner gesundheitlichen Leistungsfähigkeit. Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit sind zum einen die Vermeidung finanzieller Belastungen des Haushalts durch vorzeitige Zurruhesetzungen soweit und solange wie möglich, zum anderen aber auch eine effiziente, von vermeidbaren Störungen freie Arbeit der öffentlichen Verwaltung; die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung soll gewährleistet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 – 2 C 7.97 – BVerwGE 105, 267 <270>). Diesem Regelungszweck liefe es zuwider, im Tatbestand des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG die Umstände der zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen, selbst wenn den Dienstherrn daran eine (Mit-)Verantwortung treffen sollte.
Die Ursachen der Erkrankung oder einer sonstigen gesundheitlichen Einschränkung können unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auch keine Beachtung auf der Rechtsfolgenseite finden. Dem Dienstherrn steht kein Ermessen zu. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG gegeben und kann der Beamte nicht anderweitig verwendet werden (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) besteht nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die Verpflichtung des Dienstherrn zur Zurruhesetzung (stRspr, so bereits BVerwG, Urteil vom 14. August 1974 – 6 C 20.71 – BVerwGE 47, 1 <3> zur Vorgängernorm des § 26 BRRG).
Das bedeutet: Selbst wenn die aktuelle oder dauernde Dienstunfähigkeit eines Beamten (auch) durch ein (schuldhaftes) Verhalten des Dienstherrn (z.B. Mobbing) hervorgerufen worden ist, kann dies an einer Zurruhesetzung nichts ändern. In einem solchen Fall kann/muss der Beamte die Verletzung der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorge- und Schutzpflicht in einem Schadensersatzprozess geltend machen. Oder noch besser aktiv werden, bevor es überhaupt zur (dauernden) DIenstunfähigkeit kommt.
Um es auf den Punkt zu bringen: Einwände wie vorausgegangenes Mobbing können gegen eine Zurruhesetzung nicht ins Feld geführt werden. Wenn die Dienstunfähigkeit feststeht und der Beamte nicht anderweitig verwendet werden kann, ist eine Zurruhesetzung zwingend, weil dem Dienstherrn kein Ermessen eingeräumt ist.
Martin Brilla
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht