Rechtswidrige Untersuchungsaufforderung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit
Der Dienstherr hatte einen Kommunalbeamten aufgefordert, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und darauf hingewiesen, dass er im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung verpflichtet sei, die ihn behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden, soweit die früheren Erkenntnisse für die Begutachtung erforderlich seien. Dabei berief er sich auf § 33 LBG i.V.m. § 26 BeamtStG, wonach ein Beamter „als dienstunfähig angesehen [kann], wenn er innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass die Dienstfähigkeit innerhalb von sechs Monaten wieder voll hergestellt ist. Ob die Dienstfähigkeit innerhalb von sechs Monaten wieder voll hergestellt werden kann, muss amtsärztlich beurteilt werden.“
Weiter wurde ausgeführt: „Wenn bereits bei einer Dienstunfähigkeit von weniger als drei Monaten Zweifel an der Dienstfähigkeit und dem zukünftigen Einsatz des Mitarbeiters bestehen, kann nach Aussage des Gesundheitsamt des Kreises … vor Ablauf der drei Monate eine amtsärztliche Untersuchung erfolgen.“
Eine Untersuchungsaufforderung muss verhältnismäßig sein
Zwar ist es grundsätzlich zulässig, den Beamten zu einer amtsärztlichen Untersuchung zu laden, um seine Dienstfähigkeit überprüfen zu lassen, auch wenn die Voraussetzung des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG nicht gegeben ist. Eine solche Aufforderung muss wegen der mit ihr verbundenen Eingriffe in die grundrechtsbewehrte persönliche Sphäre des Beamten nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmten formellen und inhaltlichen Anforderungen genügen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. April 2014, 2 B 80.13).
Im Rahmen des gegen diese Anordnung eingeleiteten Eilverfahrens (Az. 1 L 1614/18) wies das VG Aachen unter dem 6.11.2018 darauf hin, „dass die Untersuchungsanordnung nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen dürfte. Die Vorschrift des § 26 Abs. 1 BeamtStG enthält zwei unterschiedliche Regelungen, und die Anwendung von Satz 2 setzt voraus, dass ein Zeitraum von sechs Monaten verstrichen sein muss, bevor eine Aufforderung ergehen kann. Hiervon kann eine Auskunft des Gesundheitsamtes nicht entbinden.“
Der Beamte war nicht verpflichtet, der Aufforderung Folge zu leisten
Dennoch beharrte der Dienstherr darauf, den Beamten basierend auf der Aufforderung amtsärztlich untersuchen zu lassen. Daraufhin stellte das VG Aachen mit Beschluss vom 22.11.2018 fest, „dass der Antragsteller vorläufig – bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren 1 K 3638/18 – nicht verpflichtet ist, sich auf der Grundlage der Untersuchungsaufforderungen vom … einer amtsärztlichen Untersuchung seiner allgemeinen Dienstfähigkeit zu unterziehen“ und erlegte dem Dienstherren die Kosten des Verfahrens auf.
Nachdem der Dienstherr zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Untersuchungsaufforderung erlassen hatte, die er nunmehr ausschließlich auf das Verstreichen der in § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG genannten Frist stützte, ließ sich der Antragsteller amtsärztlich untersuchen. Daraufhin wurde das noch anhängige Klageverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Kosten musste auch insofern der Dienstherr tragen.
Achtung: Änderung der Rechtsprechung!
Derartige Verfahren dürften jedoch nunmehr der Vergangenheit angehören. Mehr dazu hier.
Vorsicht: Verweigerung kann riskant sein!
Eine Verweigerung der Untersuchung will aber wohl überlegt sein, denn „die Weisung begründet eine Dienstpflicht, deren Nichtbefolgung …disziplinarrechtlich verfolgt werden kann“ (OVG Lüneburg, Beschluss vom 29.01.2007, 5 ME 61/07) und zur Verhängung einer Disziplinarmaßnahme führen dürfte, wenn sie sich – auch viel später – als unberechtigt erweist.
Weitaus problematischer ist jedoch, dass die (unberechtigte) Weigerung des Beamten im weiteren Verfahrensgang unter Umständen dazu führen kann, dass man ihn so behandelt, als wäre seine Dienstunfähigkeit festgestellt:
„Der Dienstherr darf die Feststellung der Dienstunfähigkeit eines Beamten darauf stützen, dass dieser sich ohne hinreichenden Grund weigert, sich wie angeordnet ärztlich untersuchen zu lassen“ (OVG NRW, Beschluss vom 17.06.2010 – 6 A 2903/09).
Wird die amtsärztliche Untersuchung (oder die angeordnete fachärztliche Zusatzuntersuchung) ohne hinreichenden Grund verweigert, kann dies als Beweisvereitelung gewertet werden! Denn – so das OVG NRW – „anderenfalls hätte es der Beamte in der Hand, mit der Verweigerung der insoweit zweckmäßigen ärztlichen Untersuchung die Feststellung der Dienstunfähigkeit zu verhindern“.
Es gilt also, das Für und Wider sorgfältig abzuwägen und dabei die vielfältige Rechtsprechung im Blick zu haben. Eine Beratung durch einen erfahrenen Anwalt ist unabdingbar!