In einer seiner Entscheidung vom 27.06.2024 hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit den Folgen der Verweigerung einer angeordneten ärztlichen Untersuchung befasst. Die wesentlichen Punkte:

Der Dienstherr ist berechtigt, aus der unberechtigten Weigerung des Beamten zur Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung auf seine Dienstunfähigkeit zu schließen.

Aus §§ 427, 444 und 446 ZPO folgt der allgemeine, auch im Verwaltungsverfahren geltende Rechtsgrundsatz, dass das einen Beweis vereitelnde Verhalten eines Beteiligten im Rahmen freier Beweiswürdigung zu dessen Nachteil gewertet werden darf. Es kann auf die Dienstunfähigkeit eines Beamten geschlossen werden, wenn dieser durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustands bewusst verhindert. Die Verpflichtung, bei der Nachprüfung der Dienstfähigkeit mitzuwirken, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten. Andernfalls hätte es der Beamte in der Hand, die für die Vorbereitung der Feststellung seiner Dienstfähigkeit erforderlichen Untersuchungen erheblich zu erschweren oder zu vereiteln.

Voraussetzung dafür ist aber, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig und der Beamte damit zur Mitwirkung verpflichtet war.

Zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn besteht ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnisses. Daraus ergibt sich u. a. die in den Beamtengesetzen normierte Verpflichtung, sich bei bestehenden Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen. Der Dienstherr und die Allgemeinheit haben ein berechtigtes Interesse daran, dass hoheitliche Aufgaben nur von Beamten wahrgenommen werden, die zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten physisch und psychisch dauerhaft in der Lage sind. Außerdem kommt der Dienstherr mit Weisung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, auch seiner Fürsorgepflicht gegenüber seinem Beamten nach, sofern Zweifel an dessen er Dienstfähigkeit bestehen.

Einer solchen Weisung muss der Beamte aber nur dann Folge leisten, wenn hinreichender Anlass für die Untersuchungsanordnung besteht und wenn diese in ihrem Umfang nicht über das Maß hinausgeht, welches für die Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten erforderlich ist.

Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung

Die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung kann der Beamte zum einen im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes separat überprüfen lassen. Dies ist empfehlenswert.

Allerdings ist er dazu nicht verpflichtet: Er kann der Untersuchungsanordnung einfach nicht nachkommen. Die Frage, ob die Anordnung rechtmäßig war, muss dann in einem späteren Klageverfahren gegen die Zurruhesetzung oder einem Disziplinarverfahren geprüft werden.

Damit geht der Beamte jedoch ein erhebliches Risiko ein: Erweist sich die Anordnung als rechtmäßig, führt dies im Rahmen einer Klage gegen die Zurruhesetzungsverfügung dazu, dass die Frage, ob der Beamte wirklich dienstunfähig war, nicht (mehr) thematisiert wird. Dies wird unterstellt, weil der Beamte durch seine frühere (unberechtigte) Weigerung ist als Beweisvereitelung begangen hat.

Entsprechendes gilt für die Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit. Die Suchpflicht entfällt, „wenn aufgrund der Weigerung eines Beamten, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, auf dessen Dienstunfähigkeit geschlossen wird. Denn in Ermangelung medizinischer Feststellungen zum Leistungsbild ist in dieser Situation von einem nicht vorhandenen Restleistungsvermögen und damit von einer generellen Dienstunfähigkeit auszugehen, die weitere Ermittlungen von Amts wegen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG BB i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, § 86 Abs. 1 VwGO) obsolet werden und die Pflicht des Dienstherrn zur Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit des Beamten entfallen lässt. Ohne medizinisch fundierte Angaben zum positiven wie negativen Leistungsbild lässt sich nicht feststellen, in welchem Umfang der Beamte leidensgerecht anderweitig verwendbar ist“ (BVerwG, Urteil vom 27.06.2024 – 2 C 17.23, Rn. 42).

Das Nichtbefolgen einer rechtmäßigen Untersuchungsanordnung ist unabhängig davon ein Dienstvergehen!

 

Martin Brilla
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht

 

 

Martin Brilla · Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht

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